Es ist allgemein bekannt, wie heftig Nietzsche das Christentum attackiert hat, aber allein die Leidenschaftlichkeit seiner Äußerungen zeugt davon, daß die mit Religion verbundenen Fragen nicht nur seine Vernunft, sondern sein ganzes Wesen ergriffen. Die Suche Nietzsches nach Gott erfolgt aber jenseits der menschlichen Vernunft, jenseits aller moralischen Gesetze, jenseits von Gut und Böse. Nämlich aus seiner tief persönlichen Suche nach Gott folgt Nietzsches Nihilismus inbezug auf alles Weltliche. Das Wort „Nihilismus“ wird bei Nietzsche in zwei Bedeutungen gebraucht. In einer Bedeutung ist das Synonym zum Nihilismus das Wort „decadance“ als Empfinden der Sinnlosigkeit der ganzen Welt und der eigenen Existenz. Das ist eng mit dem Zweifeln an der Existenz Gottes verbunden. Man kann behaupten, daß Nietzsche das fühlt, was Dostojewski beschreibt, indem er Mitja Karamazow sagen läßt: „Gott quält mich“. Wenn es keinen Gott gibt, ist alles erlaubt, es gibt weder Ziel, noch Sinn. Nietzsche kämpft gegen den alten „Inhalt“ des Begriffs „Gott“, er versucht das Religiöse vom Moralischen zu trennen, weil er sieht, daß diese Verbindung nicht meht aktuell ist, und daß sie stört, das eigentlich Religiöse zu erleben. In einem seiner Artikel zitiert B. Fondane folgende Worte von Nietzsche aus den nach seinem Tode veröffentlichen Schriften: „Ablehnung Gottes - im Grunde genommen wird nur der moralische Gott abgelehnt“. Als Überwindung von „decadance“ schlägt Nietzsche Nihilismus als tief persönliche Umwertung aller Werte, als Verwenden der Freiheit, die dem Menschen gegeben worden war, indem Gott ihn zu seinem Bilde schuf, vor. Diese Freiheit führt Nietzsche zu dem Gott, der Freiheit, Macht und Freude bedeutet, zu dem Gott des tanzenden Zarathustra. Der Gott ist nur durch den Nihilismus, durch das Überwinden aller menschlichen Gesetze der Vernunft und Moral zu erreichen.
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